Reisen macht Spaß, bildet und verpflichtet

Sollte Urlaub wirklich nur dem Spaß und der Entspannung dienen, oder vielleicht doch ein kleines bisschen mehr sein? Ein Plädoyer für ein “nachhaltiges” Reisen.

Reisen ist für uns Europäer selbstverständlich geworden. Ja geradezu zu einem “kalendarischen Ritual” geworden, wie es die Anthropologen Dean MacCannell und Nelson Graburn bezeichnen. Wir reisen zu allen Jahreszeiten, im Winter in den Skiurlaub, im Frühjahr über Ostern, zwischen Juni und August in den wohlverdienten Sommerurlaub und zwischen drin  werden Städtereisen unternommen. Wie kommt das? Wir haben das große Glück in nahezu jedes Land weltweit ungehindert einreisen zu können – Für Europäer werden Reise-Visa von den meisten Staaten problemlos ausgestellt und innerhalb der Grenzen der Europäischen Union können wir uns seit dem in Kraft treten des Schengen-Abkommens bislang(!) jederzeit und überall hin frei bewegen. Hinzu kommt die vergleichsweise gute ökonomische Situation, sowie die niedrigen Preise für Mobilität, und die große Auswahl an Reisemöglichkeiten, die es fast jeden Deutschen erlaubt, das Land für mindestens einen Sommerurlaub zu verlassen.

Natürlich soll jeder in Rahmen seiner Möglichkeiten dieses Privileg auch ausnutzen, Spaß haben, sich Entspannen und nach Lust und Laune seine Reisezeit gestalten. Denn im Alltag zerren wir von den Erinnerungen und Erlebnissen aus der Urlaubszeit und gleichzeitig können wir uns wieder auf etwas freuen. Doch über den Tellerrand hinwegschauen, mal die eigene Komfortzone zu verlassen, ist meiner Meinung nach der wichtigste Aspekt des Reisens. Gerade in einer politisch und gesellschaftlich angespannten Zeit, in dem sich zahlreiche Parteien und Bevölkerungsteile europaweit maßgeblich bemühen, Gerüchte zu verbreiten, Angst vor fremden Kulturen und vor Menschen anderer Nationalität zu schüren, ist Reisen die beste Bildung. Urlaub in fremden Kulturen baut Vorurteile ab, schafft persönlichen Kontakt zu anderen Menschen und lässt uns neugierig und nicht ablehnend gegenüber Anderen werden. Dieses Prinzip funktioniert natürlich nur, wenn wir Reisenden bereit sind, uns auf etwas Neues einzulassen. Es gibt immer die Möglichkeit ein anderes Land zu besuchen, und sich zwei Wochen lang ausschließlich an dem Pool eines Hotelkomplexes aufzuhalten. Doch ist es das der Sinn einer Reise?

Inwiefern verpflichtet Reisen? Zum Ersten, wer andere Kulturen kennen gelernt hat, sollte zurück in der Heimat dabei helfen Vorurteile und andere Ressentiments abzubauen. Erzählt von euren Begegnungen und Eindrücken.

Zum zweiten, ein Flug nach New York zum Shoppen oder eine Woche Wander- oder Skiurlaub belastet die Umwelt. Ausgehend von Zahlen des Yearbook of Tourism Statistics, wurden weltweit über eine Milliarde touristische Ankünfte registriert. Jeder Reisende möchte im entsprechenden Urlaubsland eine intakte Natur vorfinden, schadet ihr gleichzeitig aber auf die ein oder andere Weise. Genauso wirkt sich Tourismus sowohl positiv, als auch negativ auf das soziale und sozialökonomische Gefüge aus. Ich möchte niemanden den wohlverdienten Urlaub madig reden, doch es gibt einige Möglichkeiten, wie eine Reise ökologischer gestaltet werden kann. Der WWF bietet auf seiner Internetseite einige Tipps dazu an.

Blick vom Hoover Staudamm auf den Lake Mead, der aufgrund der exzessiven Wasserentnahme und der anhaltenden Dürreperiode immer weiter austrocknet.

Blick vom Hoover Staudamm auf den Lake Mead, der aufgrund der exzessiven Wasserentnahme und der anhaltenden Dürreperiode immer weiter austrocknet.

Ein Beispiel: Muss man wirklich  für ein Wochenende nach New York fliegen, nur um einkaufen zu gehen? Oder genügt es vielleicht auch innerhalb der eigenen Landesgrenzen einen Shoppingtrip in die Hauptstadt zu unternehmen? Ein anderer Fall: Las Vegas. Muss man in den Las Vegas – Hotels wirklich 20min das Wasser in der Dusche laufen lassen? Wenn bekannt ist, dass die Stadt und Umgebung mit extremer Wasserknappheit zu kämpfen hat? Wenn alle nur ein wenig “Verantwortung” übernehmen, ist der Fußabdruck, den der Tourismus in anderen Ländern hinterlässt, nicht mehr ganz so groß.

In diesem Sinn, viel Spaß beim Reisen!

 

Quellen:

Thurner, Ingrid: Reisen bildet, bildet Reisen? URL: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/archiv/?em_cnt=75819, Stand: 03.07.2009.
UNWTO: Yearbook of Tourism Statistics, 2016 Edition.

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